Polytope - Einstieg in die Theorie für alle Leser
Kira S
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Inhalt
Übliche regelmäßige Polytope
Unten sind einige Bilder von geometrischen Objekten, von denen Sie sicher
viele schon gesehen haben. Sie alle sind "regelmäßige Polytope". Die
flächenhaften davon werden "Polygone" genannt (griechisch: "viele Linien"),
die räumlichen "Polyeder" (viele Flächen).
Als Oberbegriff dieser zwei- bzw. dreidimensionalen Objekte gibt es das Wort
"Polytop" (viele ...?) für Objekte beliebiger Dimension. So ist die Linie
eindimensional und der Punkt nulldimensional. Aus formalen Gründen ergänzen
die Mathematiker noch das -1-dimensionale leere Polytop L.
Die letzteren haben zwar nicht viele Teile, trotzdem wird
das Wort "Polytop" benutzt.
Unsere Erfahrungswelt ist zwar nur dreidimensional, aber Mathematiker
haben keine Probleme mit 4- und mehrdimensionalen Polytopen.
Darauf wird bei der Vertiefung eingegangen.
Polytope kleiner Dimension |
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Das leere Polytop L mit der Dimension
-1 |
Ein Punkt mit der Dimension 0 |
Eine Strecke (Dimension 1) mit zwei Endpunkten
(Dimension 0) |
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Regelmäßige n-Ecke (Polygone; Polytope der Dimension 2) |
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gleichseitiges Dreieck {3} 3 Ecken und 3 Kanten |
Quadrat {4} 4 Ecken und 4 Kanten |
regelmäßiges Fünfeck {5} 5 Ecken und 5 Kanten |
regelmäßiges Sechseck {6} 6 Ecken und 6 Kanten |
regelmäßiges Siebeneck {7} 7 Ecken und 7 Kanten |
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Platonische Körper (regelmäßige Polyeder; Polytope der Dimension 3)
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Tetraeder {3,3}, dreiseitige Pyramide mit
4 Ecken, 6 Kanten und 4 Dreiecken |
Oktaeder {3,4}, Doppelpyramide mit
6 Ecken, 12 Kante und 8 Dreiecken |
Hexaeder {4,3}, Würfel mit
8 Ecken, 12 Kanten und 6 Quadraten |
Ikosaeder {3,5} mit
12 Ecken, 30 Kante und 20 Dreiecken |
Dodekaeder {3,5} mit
20 Ecken, 30 Kanten und 12 Fünfecken |
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Die geschweiften Klammern mit den Zahlen darin hat der Schweizer Mathematiker
Schläfli um 1850 für zwei- und mehrdimensionale Polytope eingeführt
("Schläfli-Symbol"). Bei einem normalen Polygon wird nur
die Zahl der Ecken in die Klammer gesetzt. Bei den Platonischen Körpern steht
vor dem Komma die Zahl der Ecken jeder Fläche und dahinter die Zahl der
Kanten, die sich an einer Ecke treffen.
Die "Umgebung einer Ecke" im Polyeder besteht aus den Nachbarecken
und dazu Verbindungskanten für Nachbarpaare, die auf derselben Fläche
liegen. Beispiel: Beim obigen Würfel ist die vordere Ecke mit drei anderen
verbunden. Diese bilden ein Dreieck, dessen Seiten Diagonalen der drei
sichtbaren Quadrate sind. Im Schäfli-Symbol {4,3} bezieht sich der vordere
Teil auf die Quadrate des Würfels und der hintere Teil auf die dreieckige
Eckenumgebung.
Graphen zu den Polytopen
Ein mathematischer "Graph" besteht aus "Knoten" und
"Kanten".
Die Kanten "verbinden" jeweils zwei Knoten. Was die Knoten und Kanten
sind, ist zunächst ganz offen gelassen und muss nichts mit Geometrie zu
tun haben. (Das Wort "Kante" bei Graphen ist irreführend, da es bei Polytopen
schon anders benutzt wird.) Auf dieser Seite werden die Knoten durch Punkte
veranschaulicht und die Kanten durch Linien.
Hier und bei den Modellen gibt es zu den Polytopen drei Sorten von
Graphen: Ecken-Kanten-Graph, Face-Graph und Flag-Graph.
Fünfeck / Würfel |
Ecken-Kanten-Graph |
Face-Graph mit Vierecken |
Flag-Graph im Polytop |
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- Ecken-Kanten-Graph: Er hat als Knoten die Ecken des Polytops und als
Kanten dessen Kanten. Beide werden hier weiß dargestellt.
- Face-Graph: Die Knoten des Graphen sind alle Teile (Ecken,
Kanten, Flächen) des Polytops und das Polytop selbst. Sie werden im
Englischen faces genannt. (Zur Veranschaulichung der Knoten
werden weiße, schwarze, rote und blaue Kugeln benutzt, die bei den Ecken bzw.
Mittelpunkten sind.) Jeder Knoten wird mit seinen direkten Teilen verbunden:
ein Körper mit seinen Flächen (blaue Linien), die Fläche mit ihren Kanten
(grüne Linien) und die Kanten mit ihren beiden Ecken (weiße Linien).
Die Bildern zeigen, dass jede Polytopfläche in Vierecke zerlegt
wird. Jedes hat als Ecken eine Ecke der Fläche (weiß), die Mittelpunkte der
anliegenden Kanten (schwarz) und den Flächenmittelpunkt (rot). In den
Körpern gibt es weitere Vierecke, gebildet von einem Kantenmittelpunkt
(schwarz), den Mittelpunkten der beiden anliegenden Flächen (rot) und
dem Körpermittelpunkt (blau, Farbe hier durch die davor liegende Fläche
verfälscht).
- Flag-Graph: Seine Knoten sind die Flags. Ein Flag (nach dem
englischen Wort für Flagge) ist hier eine Zusammenfassung von einer Ecke,
einer anliegenden Kante und einer daran anliegenden Fläche. Es wird
dargestellt als Mittelpunkt des Dreiecks, das die Ecke, den Kantenmittelpunkt
und den Flächenmittelpunkt als Ecken hat.
Diese Dreiecke sieht man, wenn man beim Face-Graph die
Vierecke durch Diagonalen in Dreiecke teilt (also rote und weiße
Punkte verbindet). Beispiel: Die enlische Flagge
ist vereinfacht ein Rechteck mit einem Kreuz und Diagonalen darin.
Dazwischen sind die hier gemeinten acht Dreiecke.
Zwei Knoten werden miteinander verbunden, wenn sie sich nur in einem
Teil unterscheiden.
Die entsprechenden Dreiecke sind dann benachbart.
In der Darstellung werden drei verschiedene Farben benutzt:
- rot: Fläche und Kante gleich, verschiedene Ecken
- grün: Fläche und Ecke gleich, verschiedene Kanten
- blau (nur bei Körpern): Ecke und Kante gleich, verschiedene Flächen
Der Flaggraph zu einem Polygon hat doppelt so viele Ecken
wie dieses (z.B. 8 bei der englischen Flagge). Bei den Polyederen sind
sie als rot-grüne geschlossene Linien auf den Flächen zu sehen. Zusätzlich
gibt es um jede Ecke eine grün-blaue geschlossene Linie, die auf jeder
Fläche zwei Punkte hat, und bei jeder Kante ein rot-blaues Viereck.
Unten bei der Vertiefung wird folgendes behandelt:
- Mehr Beispiele
- Umstrukturierte Face-Graphen, bei denen Faces derselben Dimension
in einer "Schicht" liegen
- Abstrakte Face-Graphen: unabhängig von der Geometrie, beliebige Dimension
- Dualität der Polytope und der Face-Graphen
- Untergraphen der Face-Graphen und aus diesen gebildeter größerer Face-Graph
- Definition eines "Polytop" als Bild eines Face-Graphen im Raum
- Flag-Graphen zu Polytopen beliebiger Dimension: Ein Flag fasst
zusammengehörige Faces unterschiedlicher Dimensionen zusammen. Zwei Flags
sind verbunden, wenn sie sich nur in einem Face unterscheiden. Die Farbe
der Verbindung richtet sich nach der Dimension dieser Faces.
- Abstrakte Flag-Graphen
- Definition von Regelmäßigkeit (Regularität) anhand des Flag-Graphen:
Ein Polytop ist strukturell bzw. geometrisch regelmäßig, wenn es zu je zwei
Falgs eine isomorphe Abbildung des Face-Graphen bzw. eine kongruente
Abbildung des Polytops gibt, bei der die Flags aufeinander abgebildet werden.
Polytope mit Überschneidungen
Die obigen Polytope sind nicht nur regelmäßig, sondern auch "konvex".
D.h. alle geraden Verbindungen zwischen Punkten der Menge verlaufen ganz in
derem Innern. Die Faces werden durch die Punktmenge des Polytopes eindeutig
bestimmt. Oft wird der Begriff "Polytop" nur für konvexe Polytope benutzt,
weil sie besonders viele praktische Eigenschaften haben und für manche
Anwendungen (z.B. lineare Optimierung) ideal sind. Im folgenden soll dagegen
der Begriff schrittweise erweitert werden: zuerst auf nicht konvexe Polytope,
dann auf gebogene und bei der Vertiefung auf abstrakte Polytope. Unendliche
Polytope sind für später vorgesehen.
Unten sind regelmäßige nicht konvexe Polytope abgebildet. Das einfachste
ist das Pentagramm. Es hat fünf Ecken und fünf sich gegenseitig schneidende
Kanten. Es ist nach obiger Definition nicht konvex, da die Verbindungen
zweier nah beieinander liegenden Ecken außerhalb des Pentagramms verlaufen.
Die Faces sind durch die Fläche nicht eindeutig bestimmt, da dieselbe
Fläche auch ein Zehneck sein kann, dessen Rand aus zehn Kanten besteht.
Die Färbung im Bild veranschaulicht aber, dass das innere Fünfeck zweimal
umlaufen wird.
Die Schläfli-Symbole {5/2}, {7/2}, {7/3}, {8/3} usw. haben außer der
Eckenzahl einen "Nenner". Er gibt an, wie viele Ecken weit eine Kante reicht.
Für das normale Fünfeck könnte man auch {5/1} oder {5/4} schreiben,
für das Pentagramm auch {5/3}, das ist aber beides nicht üblich. Als Nenner
kommen deshalb nur Zahlen vor, die größer als 1, kleiner als die Hälfte der
Eckenzahl und teilerfremd zur Eckenzahl sind. Wenn sie einen gemeinsamen
Teiler>1 haben, wird die Ausgangsecke zu früh wieder erreicht. Z.B. {6/2}
und {8/2} wären doppelt umlaufene Drei- und Vierecke. Die werden hier nicht
betrachtet.
Regelmäßige nicht konvexe Polygone |
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Pentagramm {5/2} 5 Ecken und 5 Kanten |
{7/2} 7 Ecken und 7 Kanten |
{7/3} 7 Ecken und 7 Kanten |
{8/3} 8 Ecken und 8 Kanten |
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Regelmäßige nicht konvexe Polyeder, entdeckt von Kepler und Poinsot,
jeweils mit allen, sich gegenseitig schneidenden Flächen und mit nur einer
der Flächen.
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{3,5/2}, 12 Ikosaeder-Ecken,
30 Kanten und 20 Dreiecke |
{5/2,5}, 12 Ikosaeder-Ecken,
30 Kanten und 12 Pentagrammecke |
{5/2,5}, 12 Ikosaeder-Ecken,
30 Ikosaeder-Kanten und 12 Fünfecke |
{5/2,3}, 20 Dodekaeder-Ecken,
30 Kanten und 12 Pentagramme |
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Gebogene Polytope
Fast regelmäßige Polytope
(C) Kira S